21.09.2017

Essen – Retro ist Trend. Egal, ob Schnurrbärte aus dem vorletzten Jahrhundert, Hirschgeweihe aus dem Vorvorletzten oder Schallplatten aus dem Letzten – alles, was ein wenig nach Vergangenheit muffelt, wird von der Jugend begeistert aufgesogen. Ist es die Sehnsucht nach der vermeintlich ruhigeren Zeit? Ist es, wie bei den Schallplatten, der Wunsch, etwas anfassen zu können, etwas zu besitzen und sich nicht nur den theoretischen Mietzugang zu einer Fantastilliarde virtueller Musikstücke zu leihen?  Oder ist es gar, man traut es dieser Generation ja eigentlich nicht zu, Rebellion?
Dabei ist längst nicht jeder Trend harmloser Spaß, besonders eine Sache macht der Polizei in letzter Zeit Sorgen: Immer öfter erwischen sie Menschen, die während des Fahrens Briefe schreiben.    

Mit Füller geschriebener Brief

Schreibt sich nicht von allein: Brief

„Besonders in den Szenevierteln spielt das Smartphone am Steuer kaum noch eine Rolle“, meint Karl Siebert von der Polizei Essen. Der Trend sei besorgniserregend, vor allem auch, weil man sich momentan noch in einer gesetzlichen Grauzone bewege.  

„Das Handyverbot am Steuer ist seit 10 Jahren geklärt aber auf die Idee, dass es eines Tages zu diesem Retrotrend mit entsprechenden Auswirkungen kommen könnte, ist der Gesetzgeber wohl nicht gekommen.“ 

Diese rechtliche Grauzone führt in der Praxis zu Problemen, erklärt Siebert. Wer mit dem Handy am Steuer erwischt würde, bekäme die Konsequenzen direkt zu spüren, man hätte die entsprechende gesetzliche Handhabe. Beim Briefeschreiben sei dies anders. Da es keine konkreten Gesetzesvorgaben gäbe, könnten sich die Leute viel zu oft herausreden. Schließlich könnten etwa Tintenkleckse auf Fingern und Nase auch ganz anders zustande gekommen sein. Auch sind Brief und Stift im Falle einer Kontrolle schnell zu entsorgen, wohingegen die meisten Menschen zögerten, bei drohender Kontrolle ihr Smartphone aus dem Autofenster zu schmeißen.   

„Außerdem behaupten viele auch, sie hätten gar keinen Brief, sondern eine Postkarte geschrieben, dass macht die Sache nochmal komplizierter.“ sagt Siebert.  

Wann der Gesetzgeber reagieren wird, ist derzeit unklar.