Landshut – In der Freude über immer neue Rekordmeldungen der Bauwirtschaft vergisst man allzu leicht die Verlierer des Booms: Grünflächen, Wanderführer, Sumpfsperber und jetzt auch Bürgermeister. Letzteren macht vor allem die Preisexplosion der Spatenstichspaten zu schaffen.
Einer davon ist Harald Bärengruber. Einsam steht der 2. Bürgermeister von Unterschreez um kurz nach vier Uhr früh im Matsch, ein Reporter der Lokalzeitung müht sich derweil mit dem Stativ seiner Kamera. Erste, erstaunlich schüchterne, Schneeflocken fallen.
Vorbei die Zeiten von Lachs und Champagner
Vorbei die Zeiten des Glamours, als Spatenstiche über ihrer dicken Schicht aus Bratwürsten und Bier stolz eine Patina von Lachs und Champagner trugen. Was übrig bleibt, ist knallhartes Geschäft. Möglich gemacht, auch durch das Versagen der Politik. Kein Kartellamt hat dem Fusionseifer der wenigen Hersteller für Spatenstichspaten Einhalt geboten und so teilen sich im Grunde zwei verbliebene Konzerne den Markt. „Karl“, ein Spatenhersteller aus Berlin-Mitte und „Ligonem est bonum“, ein, in der Vergangenheit schon des Öfteren grammatikalisch negativ aufgefallenes, Konsortium aus dem hinteren Latinum. Offensichtliche Preisabsprachen? Kein Kommentar. Künstliche Verknappung? Kein Kommentar. Überteuerte Preise? Sie ahnen es.
Im Dunkeln blitzt es. Bärengruber hält still und lächelt, der Reporter gibt ein Zeichen, der 2. Bürgermeister senkt die Schaufel vorsichtig zu Boden, zuckt zusammen, als er einen Stein trifft.
Um Spatenstiche überhaupt noch gewährleisten zu können, musste sich das Spatenfinanzierungsmodell der Gemeinden radikal verändern. Manche mieten die Geräte, andere schließen sich parteiübergreifend zu Spatenstichspatengenossenschaften zusammen. So eine Genossenschaft kann schnell 50 Bürgermeister und mehr beinhalten. Entsprechend kompliziert gestaltet sich da die Organisation, entsprechend ausgelastet ist der Spatenstichspaten.
Ein paar letzte Fotos, dann geht alles ganz schnell. Die Schaufel wird gesäubert, verpackt und schon ist sie unterwegs zu ihrem nächsten Termin.
Zurück bleibt Harald Bärengruber, der Matsch und die Frage nach der Gerechtigkeit.
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